Die Formula Student Spain war kaum vorbei, da machten wir uns schon auf den Weg nach Most in der Tschechischen Republik, um erstmals in der Teamgeschichte an der Formula Student Czech teilzunehmen. Während der Großteil des Teams von Hannover aus aufbrach, wurde unser gesamtes Material in den Transportern direkt von Spanien nach Tschechien verfrachtet.
Direkt nach der Ankunft in Most begannen wir mit dem Aufbau des Zeltplatzes und der Küchenzelte. Anschließend wurde unsere Box eingeräumt, die sich in einem großen Zelt direkt neben der Dynamics Area befand. Die Boxen in Most fielen zwar deutlich kleiner aus als in Spanien, doch dank des Improvistationstalents unserer Mitglieder gelang es uns, auch hier eine gut eingerichtete Arbeitsfläche aufzubauen.
Die Reparaturen, die durch den Zwischenfall in Barcelona erzwungen wurden, dauerten die ganze Nacht an. Bis 5 Uhr morgens schraubten wir am eH15, um ihn rechtzeitig am Donnerstag zum Scrutineering schieben zu können. Dass wir diese Aufgabe erfolgreich bewältigten, zeigt einmal mehr den Teamgeist und die Motivation aller bei HorsePower tätigen Studenten. Wie sich jedoch später zeigen würde, sollte es nicht die einzige Nachtschicht in Most bleiben.
Der Donnerstag begann in aller Früh, da wir die technische Abnahme schnell abschließen wollten, um das verstärkte Fahrwerk an der Vorderachse auf Herz und Nieren zu prüfen. Da wir in Spanien bereits alle Sticker bekommen hatten, waren wir zuversichtlich, nicht allzu viel Zeit zu verlieren. Jedoch wurde im Scrutineering etwas an der Isolation unseres Batteriepaketes bemängelt, weswegen wir kleine Nachbesserungen machen mussten. Die Anpassungen waren zeitintensiv, erwiesen sich jedoch als glückliche Fügung. Bei der Reparatur erkannten wir einen Schaden an einem Stack, der unerkannt durchaus die komplette Zerstörung des eH15 zur Folge gehabt haben könnte.
Erschwerend hinzu kam noch das Wetter. Der Himmel öffnete am Nachmittag seine Schleusen und setze das Boxenzelt komplett unter Wasser. An effizientes Arbeiten war so nicht mehr zu denken, weshalb die Reparatur des Batteriepaketes eine weitere Nachtschicht für einige Teammitglieder nach sich zog. Abends stand auch noch die offizielle Eröffnung des Events durch die Organisatoren auf dem Programm. Nach einer kurzen Geschichte über die Stadt Most und die Rennstrecke, wurden alle Teams namentlich begrüßt, was zu lautem Jubel im Zelt führte. Die Teilnehmer aus allen Teilen Europas freuten sich auf den anstehenden Wettbewerb und auch die Veranstalter bekräftigten, dass sie alles ihnen mögliche zu einem erfolgreichen Event beitragen wollten.
Am Freitagmorgen setzten wir den eH15 wieder zusammen, um erneut ins E-Scrutineering zu gehen. Während wir die Abnahmen der Reihe nach erfolgreich abarbeiteten, standen auch die Static Events auf dem Programm. Wir begannen um 11 Uhr mit dem Business Plan, den wir anhand des Feedbacks der spanischen Judges angepasst hatten. Wie schon bei der Formula Student Spain konnten wir mit unserem Präsentationskonzept überzeugen. Die Reaktionen der Juroren waren derart positiv, dass wir sogar mit dem Erreichen der Finals liebäugelten.
Für den frühen Nachmittag waren dann der Cost Report und das Engineering Design angesetzt. Wir waren überzeugt, auch hier stark aufgestellt zu sein und gingen dementsprechend an die Aufgaben heran. Auch das Feedback der Judges schien diesen Eindruck zu bestätigen, weshalb wir frohen Mutes am eH15 weiterarbeiteten. Gegen 17 Uhr war es dann soweit: wir erhielten unseren fünften und letzten Sticker für das Event und waren nun bereit, unseren Boliden erstmals in Betrieb zu nehmen. Die Tests liefen ebenfalls gut, sodass wir bestens gelaunt beim Eventfoto aller Teams Aufstellung nahmen. Danach ging es zurück zur Campsite, wo wir den Abend mit einem leckeren Abendessen und lockeren Gesprächen ausklingen ließen. Anders als noch in Spanien würden wir an allen Dynamic Events teilnehmen können und uns so die Chance auf eine Spitzenplatzierung erhalten.
Der Samstag begann jedoch mit einer Ernüchterung. Die Veröffentlichung der Resultate der Static Events sorgte im gesamten Team für Verwunderung. Sowohl im Cost Report als auch im Engineering Design wurden wir lediglich Achte, was angesichts der geringen Teilnehmerzahl von nur 13 Elektro-Teams ein schwaches Ergebnis darstellt. Lediglich der Business Plan erfüllte die Erwartungen, auch wenn wir das Finale der besten drei Teams als Viertplatzierte denkbar knapp verpassten.
Die Enttäuschung wich jedoch schnell der Zuversicht, da wir anhand der in Barcelona gesammelten Erfahrungswerte um das enorme Potenzial unseres Rennpferdes wussten. Gegen Mittag schoben wir also den eH15 in die Warteschlange des Acceleration-Events. Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten und als die Zeit unseres ersten Runs auf der Anzeigetafel aufleuchtete, brach das gesamte Team in Jubel aus: 3,74 Sekunden! Wir hatten direkt beim ersten Versuch eine deutliche Bestzeit aufgestellt, welche wir mit unserem zweiten Fahrer sogar noch unterboten. Schlussendlich stand eine überragende 3,63 als Bestzeit zu Buche, satte vier Zehntel vor dem zweitplatzierten Team aus Bayreuth.
Im Skid Pad waren wir leider nicht so erfolgreich, doch auch hier erreichten wir mit einer durchschnittlichen Rundenzeit von 5,17 Sekunden eine solide Zeit, die für einen Platz im vorderen Mittelfeld reichte. Erfreut über die Performance unseres Autos schoben wir den Wagen zurück an die Box, um die Akkus zu laden und noch letzte Verfeinerungen an den Fahrwerkseinstellungen für das Autocross vorzunehmen.
Am späten Nachmittag standen wir dann an der Startlinie, bereit die Konkurrenz mit einer schnellen Runde unter Druck zu setzen. Gleich zu Beginn setzte unser Fahrer eine starke Zeit und machte sich auf, diese im zweiten Run mit heißen Reifen und besserer Streckenkenntnis weiter zu steigern. Doch leider machte erneut die fehlende Zuverlässigkeit die enorme Leistungsstärke unseres Wagens zunichte. Beim Überfahren einer Bodenwelle riss eines der Inserts aus dem Monocoque, wodurch unser Fahrer die Kontrolle verlor und sich drehte. Obwohl wir hofften, wie in Barcelona noch relativ glimpflich davonzukommen, mussten wir der Realität bei der ersten Begutachtung des Schadens ins Auge sehen: Totalschaden! Der eH15 würde, zumindest für dieses Event, nicht mehr fahrtüchtig zu machen sein. Wieder saßen der Schock und die Enttäuschung über das Geschehene tief, Barcelona noch in den Köpfen aller. Die gesamte Arbeit der Saison schien dahin zu sein.
Doch wir wären nicht HorsePower Hannover, wenn wir nicht gleich alle Möglichkeiten ausgelotet hätten, um doch noch beim abschließenden Endurance-Event an den Start zu gehen. Und so wurden schnell Ideen entwickelt, wie man das Fahrwerk wieder aufbauen könnte. In Situationen wie dieser zeigt sich immer wieder, dass die Formula Student eine große Gemeinschaft ist, in der jeder jedem hilft. Alle wissen, welche Arbeit in diesen Rennwagen steckt und dementsprechend groß ist die Hilfsbereitschaft unter den Teams. Schon nach kurzer Zeit waren wir in der Lage, alle benötigten Teile für die Reparatur des eH15 zusammenzutragen. Zusätzlich sprachen uns Mitglieder anderer Teams Mut zu und unterstützten uns mit ihrem Know-How.
Noch vor dem Boxenzelt wurde begonnen, den Wagen wieder instandzusetzen. Später verlagerten wir die Arbeiten mit Erlaubnis der Veranstalter auf den Campingplatz, wo das gesamte Team mit anpackte und in kürzester Zeit alle benötigten Teile fertigte. Langsam aber sicher brach die Dunkelheit über Most herein. Doch während unsere Konkurrenten ihren wohlverdienten Schlaf genossen, brannte bei uns weiter das Licht.
Bis in die frühen Morgenstunden hinein wurde geschweißt, gesägt und geklebt. Nach und nach nahm das Heck des eH15 wieder Form an. Durch diese herausragende Teamleistung gelang es uns tatsächlich, den Wagen bis zum frühen Nachmittag wieder vollends zusammenzubauen und fahrbereit zu machen. Dementsprechend groß war der Jubel im Zelt, als sich alle vier Motoren drehten. Anschließend wurde unsere neue Konstruktion von einem Scrutineer begutachtet und für tauglich befunden.
Uns blieb sogar noch Zeit, mit einer Sondererlaubnis das neue Fahrwerk nochmals zu testen. Die Euphorie, den Wagen, der noch am Vorabend einen Totalschaden erlitten hatte, wieder in Bewegung zu sehen, war groß. Leider stellte sich auch schnell wieder Ernüchterung ein: einer der Pushrods verbog sich schon unter geringen Belastungen und es war schnell klar, dass er verstärkt werden müsste. Zu allem Überfluss meldete unser Fahrer zudem noch Probleme am Antrieb. Während der Pushrod mit einem weiteren Stahlrohr ummantelt wurde, arbeiteten die anderen Mitglieder daran, den Fehler bei den Motoren zu finden. Schnell wurde klar, dass die Probleme aus dem Umfeld der Umrichter kamen, doch uns lief langsam aber sicher die Zeit davon und schon bald wurde klar, dass wir wie in Spanien unseren Startplatz im Endurance nicht würden einnehmen können. Trotzdem hofften wir, wenigstens noch nach dem Combustion-Finale fahren zu dürfen, auch wenn wir mit einer Zwei-Minuten Strafe belegt würden. Allein den Wagen fahren zu sehen, wäre eine große Genugtuung nach all der harten Arbeit gewesen.
Doch es sollte nicht sein. Kurze Zeit nachdem der letzte Wagen sein Rennen beendet hatte, waren unsere Probleme soweit behoben, dass wir zumindest mit Vorderradantrieb hätten fahren können. Leider ließen uns die Veranstalter nicht mehr starten und so mussten wir unverrichteter Dinge wieder einpacken. Die Enttäuschung und der Frust standen uns allen ins Gesicht geschrieben und auch die Würdigung unserer Leistung durch die Konkurrenz half nur bedingt. Nachdem der eH15 wieder verladen war, zog sich das Team zurück zum Abendessen und bereitete sich auf die abschließende Awards Ceremony vor.
Während die Sieger der Statics ausgezeichnet wurden, wuchs bei uns wieder die Vorfreude. Wir wussten bereits im Vorfeld, dass wir beim Acceleration-Event mit Abstand die schnellste Zeit aller Teams gefahren waren. Dementsprechend wurden wir auch unter großem Jubel vom Veranstalter auf die Bühne gerufen. Dieser kurze Moment im Rampenlicht entschädigte dann doch für die Anstrengungen und Rückschläge der vergangenen zwei Wochen.
Am Montagmorgen blieb dann nichts anderes mehr zu tun, als die Campsite abzubauen und alle Materialien in die Transporter zu verladen. Erschöpft traten wir die Rückreise an und freuten uns, nach zwei harten Wochen wieder in die Heimat zu kommen, die wir am Nachmittag wieder erreichen sollten.
Zum Schluss möchten wir uns noch bei den Organisatoren der Formula Student Czech Republic für ein tolles Event bedanken. Unser Dank gilt auch allen Teams, die uns dabei geholfen haben, den eH15 wieder fahrtüchtig zu machen. Darüber hinaus gehen unsere Glückwünsche an die Gewinner aus Bayreuth und Hamburg, die sich die Siege mit starken Leistungen mehr als verdient haben.
Zum Ende der Saison 2015 bleibt uns die Gewissheit, dass unser Konzept riesiges Potenzial birgt. Auch wenn die Erfolge größtenteils ausblieben, haben wir uns als Team definitiv weiterentwickelt und blicken frohen Mutes in die Zukunft. Auf ein Neues in 2016!!!